Das Archiv umfasst den literarischen Nachlass des in der DDR 1957 wegen "konterrevolutionärer Gruppenbildung" zu sieben Jahren Haft verurteilten Schriftstellers Erich Loests. Nach seiner Entlassung konnte er lange Zeit nur noch unter Pseudonym publizieren. Er gab vor allem Kriminalromane und leicht eingängige Erzählungen heraus. Loest protestierte gegen die Ausbürgerung Wolf Biermanns 1976, und wurde nun durch die Staatssicherheit als "negativ-feindlicher" Schriftsteller eingestuft und erst 1990 vollständig rehabilitiert. Der Nachlass wird von der Kultur- und Umweltstiftung Leipziger Land betreut. Das Archiv enthält persönliche Gegenstände, Manuskripte und Notizen, die Korrespondenz und Stasi-Akten des Schriftstellers.
Der Schriftsteller Erich Loest war der DDR gegenüber zuerst positiv eingestellt und auch SED-Mitglied. Die Niederschlagung des Aufstandes vom 17. Juni 1953 desillusionierte ihn jedoch und er begann sich kritisch zu äußern. Dies führte zu einer von 1957 bis 1964 andauernden Haftstrafe nach welcher er lange nur unter Pseudonymen (Hans Walldorf, Waldemar Naß) publizieren konnte. In den 1970er Jahren verbesserte sich seine Situation für einige Zeit, aber nach seinem Protest gegen die Ausbürgerung Wolf Biermans erlebte er weitere Repressalien. So wurde eine zweite Auflage eines seiner Romane verboten. Loest stellte schließlich einen Ausreiseantrag, der 1981 genehmigt wurde. Von Westdeutschland aus kämpfte er weiter gegen die Kulturpolitik und Zensur der DDR.
Erich Loest war ein bedeutender Vertreter der realistischen deutschsprachigen Literatur der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts. In seinen Romanen und Erzählungen beschäftigte er sich auch mit historischen und legendären Gestalten seiner sächsischen Heimat. Seit Ende der 1980er Jahre war Loests Thema vor allem die deutsche Teilung und Wiedervereinigung sowie die Geschichte der Stadt Leipzig.
Die Darstellung des Leipziger Wendeherbstes 1989 in seinem (auch verfilmten) Stück "Nikolaikirche" prägte die Vorstellung über die Friedliche Revolution in der DDR. Loest erhielt zahlreiche Auszeichnungen, darunter das Große Bundesverdienstkreuz (1999) sowie den Deutschen Nationalpreis (2009). 2013 schied er durch Suizid aus dem Leben.
Das Archiv spiegelt Loests Erfahrungen mit Haft, Zensur und zunehmender persönlicher Isolation in der DDR-Kulturpolitik wider. In seiner ganzen Haltung und politischen Einstellung konnte Loest als ein "Sozialdemokrat alter Schule" angesehen werden. Davon ist auch der Direktor der Leipziger Sparkassenstiftungen, Stephan Seeger, überzeugt, dessen persönliche Bekanntschaft für Loest 2006 mit ausschlaggebend dafür gewesen ist, seinen Vorlass der Kultur- und Umweltstiftung Leipziger Land zu schenken. In mehreren großen Schüben überreichte er die Kartons, sobald er mit den Materialien darin abgeschlossen hatte. Sicher hätten sie inhaltlich gut ins Marbacher Literaturarchiv oder in der Berliner Akademie der Künste gepasst. Aber "die Sachen sollen in Leipzig bleiben" forderte Loest. Er betrachtete sich als einen Leipziger Schriftsteller: "Wenn sich später jemand um mich als Schriftsteller kümmern wird, dann hier.“
Inhaltsbeschreibung
Der literarische Nachlass Erich Loests bildet eine geschlossene Sammlung. Sie enthält Loests Manuskripte, persönliche Aufzeichnungen, private Briefe und offizielle Korrespondenzen Loests mit Verlagen und Ministerien, Kopien seiner Unterlagen bei der Stasiunterlagenbehörde sowie Zeitungsartikel, Leserbriefe und Einladungen. Zudem sind viele Materialien für seine Romane überliefert. Besichtigt werden können weiterhin seine Arbeitsbibliothek mit Autographensammlung und Einrichtungsgegenstände aus seiner Wohnung. Daneben beherbergt das Archiv zahlreiche Objekte bis hin zu Fanschals von Fussballvereinen, deren Anhänger Loest war. Zu den Kuriosa zählt die bereits von seinem Vater begonnene Briefmarkensammlung, die als eine der größten Sachsens gilt.