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Leitfaden

Leitfaden

Dies ist ein Leitfaden zur Anwendung des pädagogischen Materials, welches im COURAGE Projekt erarbeitet wurde. Es bietet Informationen für Lehrende, die planen, es für Unterrichtsstunden und Spiele mit ihren Schülerinnen und Schülern zu verwenden.

Das Material soll kreativ und vielseitig verwendet werden (insbesondere die sogenannte Registry: eine umfangreiche Datenbank, die Sammlungen zu kulturellem Widerstand dokumentiert), und stellt keine schrittweise Lehranleitung dar. Lehrpersonen können ihren individuellen Unterricht oder andere pädagogische Aktivitäten (z. B. Projekte, Klassenfahrten, Diskussionsforen für Schüler oder Gruppen usw.) mit verschiedenen Teilen des Materials kombinieren (eine ganze Unterrichtsstunde, einzelne Teile ihrer Texte, Gegenstände die in der Registry für die Unterrichtsstunde angegeben sind, Spiele auf der Internetseite von COURAGE, einige Aufgaben am Ende des Unterrichts usw.). Dabei können sie die Besonderheiten ihrer Schülerinnen und Schüler und ihre eigenen Bildungsziele berücksichtigen. Kurz gesagt: Dieser Leitfaden führt die Lehrenden in die COURAGE Registry und dessen pädagogische Verwendung ein, lässt aber dennoch Raum für eine Vielzahl von Lehraktivitäten, ohne dabei konkrete Unterrichtspläne oder methodologische Wege vorzuschreiben.

 

Das COURAGE-Projekt, die Registry und ihre Verwendung im Unterricht

Das COURAGE Projekt (“Cultural Opposition – Understanding the CultuRal HeritAGE of Dissent in the Former Socialist Countries”) befasst sich mit dem reichen Erbe kultureller Opposition in den ehemaligen sozialistischen Ländern Osteuropas, indem Sammlungen über kulturelle Opposition dokumentiert werden. Das Projekt zielt darauf ab, über die bekannten Auffassungen von Propaganda und sozialistischem Realismus, über die vereinfachte Interpretation des kulturellen Lebens dieser Zeit, sowie über die bekannten Klischees von politischem Widerstand und Dissens im Sozialismus hinauszugehen. COURAGE rückt stattdessen die verschiedenen Varianten kulturellen Widerstands und Eigensinns im Alltag sowie Zivilcourage ins Zentrum. Für das Projekt wurde eine Online-Datenbank mit der Bezeichnung „Registry“ erstellt. Diese enthält Beschreibungen der Sammlungen, kombiniert mit vielen Informationen über Personen, Ereignisse, Gruppen und Texte, die mit ihnen verbunden sind. Das Online-Schulungsmaterial wird das weniger bekannte kulturelle Leben der ehemaligen sozialistischen Länder zum Vorschein bringen und das Lehren und Lernen über die Zeit erleichtern. Auf diese Weise verbindet COURAGE die Werte und die Geschichte der Oppositionsbewegungen mit persönlichen Geschichten, Orten und sozialen Gruppen. Und diese Werte und Geschichten wiederum werden verknüpft mit den Familien- und Sozialgeschichten der zeitgenössischen Jugend.

Schülerinnen und Schüler sind eine der Zielgruppen des Projekts. Durch die große Anzahl an Geschichten, Daten, Texten, Beispielen, Personen usw., die in den Sammlungen bewahrt werden, können die Schülerinnen und Schüler:

  • tieferes Wissen über die sozialistische Ära erlangen;
  • eine komplexere Sicht auf die Formen von Mitmachen (Konformismus) und Widersprechen (Non-Konformismus) während des Sozialismus erhalten;
  • sich mit Werten von Zivilcourage, Eigensinn und des freiwilligen Engagements vertraut machen;
  • sich in Situationen ethischer und politischer Dilemmas, die bei Zusammenarbeit und im Widerstand entstehen, hineinversetzen;
  • Fähigkeiten in Bezug auf historisches Lernen entwickeln;
  • erkennen, wieso es wichtig ist, sich mit Geschichte zu beschäftigen und dieses Wissen für die Zukunft wach zu halten.

Die Registry und die anderen Produkte des Projekts können von Lehrenden ohne Anleitung als frei verfügbare Quellen verwendet werden. Unsere Experten wählten bestimmte Themen aus dem Projekt aus und bereiteten acht Unterrichtsstunden mit Spielen und Aufgaben vor, die als Beispiele für die Verwendung der Registry genutzt werden können (zusammen mit den anderen Produkten des Projekts wie das Handbuch, Filmfestivals und Ausstellungsmaterialien).

Zielgruppe des Unterrichts sind Schülerinnen und Schüler der Unter- bis Oberstufe im Alter von 12-18 Jahren. Während einige Teile des Materials von den Schülerinnen und Schülern selbstständig verwendet werden können, wurde der Unterricht grundsätzlich für Lehrende zum Lehren entworfen.

Die Registry und die darauf basierende pädagogische Arbeit haben auch ihre Einschränkungen. Die Datenbank beläuft sich auf eine Auswahl und die Unterrichtsstunden enthalten nur einige Elemente dieser ausgewählten Daten. Das Material wird stark von den in der Datenbank beschriebenen Sammlungen bestimmt. Darüber hinaus enthält die Registry hauptsächlich die Beschreibung der Sammlungen mit einer geringen Menge an Begleitinformationen. Deswegen sind in einigen Unterrichtsmaterialen ergänzend zu den Informationen aus der Registry auch zusätzliche Quellen mit eingeflossen.

Die englische Version der Unterrichtsstunden wurde für ein internationales Publikum vorbereitet, wobei versucht wurde, die Geschichte verschiedener Länder einzubeziehen. Die übersetzten und angepassten Unterrichtsstunden enthalten möglicherweise lokal interessantere Elemente und werden sich stärker auf lokale Probleme konzentrieren. Jedoch ist eines der Ziele des Projekts, den Studierenden zu helfen, den gesamten osteuropäischen Kontext und nicht nur den eigenen nationalen Bezugsrahmen kennenzulernen und ihnen näherzubringen.

 

Pädagogische Prinzipien und Methodik

Da der Unterricht von den Lehrenden frei genutzt und in die eigene Praxis integriert werden kann, ist es möglich damit den je eigenen pädagogischen Grundsätzen, methodischen Annahmen und üblichen Praktiken zu folgen. Trotzdem dient als konzeptioneller Rahmen die Annahme, dass durch das Kennenlernen von Zahlen, Menschen, Phänomenen, Gruppenereignissen, Texten und Prozessen der der kulturellen Opposition im Sozialismus junge Menschen heutzutage Einstellungen, Wissen und Fähigkeiten erwerben können, welche helfen, ihre Gegenwart auf andere Weise zu sehen. Die Unterrichtsstunden erleichtern Deutungsprozesse, und Interpretieren bedeutet, sich kritisch mit der Gegenwart und Vergangenheit auseinanderzusetzen. Deuten erfordern eine Haltung des Erforschens, Fragens und der Fähigkeit des kritischen Denkens. Aus diesem Grund verweist der Unterricht auf die Komplexität von Situationen, Dilemmas und möglichen Interpretationen. Es ist nicht das Ziel eine einzigartige und einseitige Sicht auf die Ereignisse zu vermitteln. Es werde Fragen aufgeworfen und die Schülerinnen und Schüler aktiv einbezogen, um die Verbindungen zwischen vergangenen Geschichten und ihrer gegenwärtigen Realität zu finden. Wesentlich für den Bildungsprozess dabei ist, dass die Schülerinnen und Schüler aktiv von den Lehrenden unterstützt werden.

Unser Konzept basiert auf aktionsbasierter Pädagogik. Wir sehen die Schülerinnen und Schüler als aktiv Handelnde, die ebenso wie die historischen Personen, die im Unterricht vorgestellt werden, in ihren eigenen Kontext eingebettet sind. Dies führt zu einer positiven Spannung zwischen ihrer Fähigkeit, proaktiv zu handeln, ihrer Einbettung in ihren sozio-kulturellen Kontext mit ihren Grenzen und Möglichkeiten und den daraus entstehenden Perspektiven und Denkweisen der Aktuere. Lehrende können diese Spannung auf produktive Weise nutzen, indem sie die Gemeinsamkeiten und Unterschiede zwischen vergangenen und gegenwärtigen Situationen aufzeigen und so die sozialen Kompetenzen ihrer Schülerinnen und Schüler verbessern. Diese können auf diese komplexe Weise ihre eigene Wirklichkeit betrachten und herausfinden, wie sie sich in ihrem eigenen sozio-kulturellen Kontext verorten. Wie bereits gesagt können die Schülerinnen und Schüler mit Hilfe der Lehrkräfte also mit diesem Material relevantes Wissen aneignen, die Interpretation von Quellen erlernen und über ihre Realität reflektieren, um proaktive Bürger zu werden.

In den verschiedenen Ländern gibt es grundsätzlich unterschiedliche Schullehrpläne. Das COURAGE Material kann in den Lehrplan integriert werden, insbesondere wenn der Lehrplan für Geschichte und Literatur die Zeit des Staatssozialismus vorsieht. Jedoch kann das Material auch jenseits des offiziellen Lehrplans verwendet werden, zum Beispiel in Kunstkursen, in der Ethik oder politischer Bildung sowie anderen Schulaktivitäten wie Projekttagen oder Themenwochen sowie auf Klassenfahrten und Exkursionen usw. Es liegt in der Verantwortung der Lehrenden, die Lektionen und Spiele an die verschiedenen Inhalte des Lehrplans und an die verschiedenen Situationen anzupassen. Es wird nicht empfohlen, den Schülerinnen und Schülern den Unterrichtstext ohne Anleitung anzubieten. Jedoch können nach Einführung der Lehrenden und mit ihrer Hilfe die Materialien, die Registry, die Aufgaben und die Spiele von den Schülerinnen und Schülern selbstständig verwendet werden.

 

Unterrichtsstruktur

Jede Unterrichtsstunde hat die gleiche Struktur:

  • Eine kurze Einführung stellt das Thema der Unterrichtsstunde vor und fasst den Inhalt in 2-3 Sätzen zusammen. Auf der Website wird diese kurze Zusammenfassung neben dem Titel angezeigt, sodass für die Benutzer das Thema der Unterrichtseinheit ersichtlich ist.
  • Die wichtigsten Begriffe der Lektion werden aufgelistet. Sie werden hier nicht erläutert und sind im Text manchmal auch nicht genau definiert, aber sie sind für das Verständnis des Themas von entscheidender Bedeutung. Die Lehrerenden sollten sie also erklären, oder die Schülerinnen und Schüler sollten versuchen, sie während des Unterrichts oder durch Suchen im Internet mit Hilfe der Lehrenden zu definieren.
  • Die zu Beginn der Unterrichtseinheiten vorgeschlagenen Kompetenzen sind die Lernergebnisse, welche die Schülerinnen und Schüler als Ergebnis der Unterrichtsaktivitäten erzielen können: Lesen der Texte, Suchen in der Registry, Erledigen der Aufgaben, Teilnahme an den Spielen und Besprechen der Themen mit ihren Mitschülerinnen und Mitschülern sowie Lehrenden. Die Aktivitäten werden im Idealfall von den Lehrenden geleitet oder unterstützt. Die Kompetenzen stellen einen wichtigen pädagogischen Ansatz dar, der sich auf die aktivitätsorientierte Pädagogik des COURAGE-Unterrichts bezieht. Dieser legt nahe, dass der Lehrende den Unterricht nicht nur als ein Thema betrachten sollte, das behandelt wird, sondern als ein Weg, welcher unterschiedliche Kenntnisse, Einstellungen und Fähigkeiten der Schülerinnen und Schüler durch ihren eigene Auseinandersetzung entwickelt. Es ist hilfreich, diese Lernergebnisse bei der Planung des Unterrichts zu berücksichtigen, anstatt nur den wissensbasierten Inhalt der Lektion in den Vordergrund zu stellen.
  • Der Haupttext der Lektion ähnelt dem Text eines Kursbuchs, jedoch mit mehr interaktiven Elementen. Die Themen sind in Kapitel unterteilt. Nach einer Vorbereitung könnten die Lehrenden die Schülerinnen und Schüler das Kapitel lesen lassen, wobei jedoch empfohlen wird, dass die Lehrenden Teile des Textes vorstellen. Nach der Erklärung der Lehrenden werden die Schülerinnen und Schüler leichter mit dem Text arbeiten können. Der Text selbst ist zum Teil eine Darstellung historischer Fakten, Personen, Prozesse und Quellen, die das Thema verständlich zusammenfassen und erklären, der aber auch häufig die Schülerinnen und Schüler einlädt, nachzudenken oder in der Registry nachzuprüfen. Die Lehrenden können den Text und die dazugehörigen Fragen verwenden, um individuelle Arbeiten, Gruppendiskussionen oder Unterrichtsgespräche anzuleiten. Die Registry und seine Links sind ein fester Bestandteil des Unterrichts und bieten viel reicheres Material als der Unterrichtstext an. Es bietet den Schülerinnen und Schülern außerdem unendlich viele Möglichkeiten, ihr Wissen in den verschiedenen Sammlungen zu erforschen und zu vertiefen.

Abhängig von der zur Verfügung stehenden Zeit können die Lehrenden nach der Präsentation und/ oder dem Vorlesen einer Schülerin/ eines Schülers auch während des Unterrichts mit den Schülerinnen und Schülern in der Registry zusammenarbeiten: Suchen, Lesen, Dolmetschen in abwechselnden Einzel-, Paar-, Gruppen- und ganze Klassenarbeiten. Zusätzlich können (verschiedene) Aufgaben vergeben werden, um die Registry einzeln oder in Gruppen (als Hausaufgabe oder Projektarbeit) zu verwenden. Einige Aufgaben am Ende der Unterrichtsstunde sind Beispiele dafür, wie die Registry für weiteres Lernen genutzt werden kann. Im Idealfall macht den Schülerinnen und Schüler der Unterricht und die Verwendung der Registry und der Website Spaß. Je mehr Spaß sie daran haben, desto mehr forschen und lernen sie nach dem Unterricht weiter. Der gesamte hier beschriebene Prozess kann sehr unterschiedlich sein, zum Beispiel wenn die Lehrenden das Material für ein Projekt oder während einer Schulreise usw. verwenden. Diese Beschreibung (und der Unterricht selbst) ist nur eine Variante verschiedener Möglichkeiten.

  • Die Aufgaben stellen nur einige Beispiele dar, wie die Zusammenarbeit und der Lernprozess der Schülerinnen und Schüler gefördert werden kann. Sie beziehen sich in der Regel auf die Registry und/ oder den eigenen Kontext der Schülerinnen und Schüler. Die Lehrenden können diese oder ähnliche Aufgaben vergeben, oder andere Aufgaben vorbereiten, da sie die Umstände, Bedürfnisse und Kompetenzen ihrer Schülerinnen und Schüler kennen. Es ist wichtig, bei der Planung des Prozesses an begleitende Aktivitäten und Aufgaben zu denken, da die zu erzielenden Kompetenzen nicht nur durch das Lesen des Textes erreicht werden können, sondern auch durch die Aktivitäten.
  • Die Experten haben einige zusätzliche H5P-Aufgaben (Spiele) vorbereitet, die im sogenannten „Playground“ der Website hochgeladen werden. Die Lehrenden können sie verwenden, um das Wissen der Schüler zu überprüfen. Hauptsächlich dienen sie jedoch dem individuellen Gebrauch. Die Schülerinnen und Schüler können somit spielen und dabei ihr Wissen festigen.