Faktor, Jan
Jan Faktor arbeitete nach seinem Studium der Elektronischen Datenverarbeitung als Programmier in Prag. Aus persönlichen Gründen übersiedelte er 1978 mit seiner Frau nach Ostberlin, wo er als Schlosser und Kindergärtner Beschäftigung fand, sich vor allem aber in der unabhängigen Literaturszene engagierte. Mit zahlreichen experimentellen Texten bereicherte Faktor die Autorengruppen der sogenannten "Prenzlauer-Berg-Connection".
Durch die ihm zunächst fremde Sprache gewann er auf sie einen eigenen Blick, der ihn wiederholt an den künstlerischen und politischen Konventionen der Szene rütteln ließ. So verfasste er 1983 sein "Manifest der Trivialpoesie" in vier Teilen und schrieb 1984 gemeinsam mit Bert Papenfuß und Stefan Döring am Manifest "Zoro in Skorne". Er trat in Wohnungs-, Atelier- und Hinterhoflesungen auf; seine Texte publizierte er im Samisdat.
Jan Faktors Sprechinstallationen generierten oft Parodien auf bedeutungssteigernde Techniken wie Wiederholung und Komparativbildung, etwa in dem 23-seitigen Langgedicht „Georgs Sorgen um die Zukunft“ aus dem Band „Georgs Versuche an einem Gedicht und andere positive Texte aus dem Dichtergarten des Grauens“. Durch den Einbau von sinnfreien, grammatisch korrekten Steigerungen („das Achtstündige immer achtstündiger“ etc.) wird das Unsinnige des ideologisch motivierten Komparativ-Wahns in der DDR-Sprache evident. In anderen Gedichten behandelt der Autor die Satzbildung im Deutschen als etwas gänzlich Fremdes und zielt dadurch auf komische Effekte.
1989 wurde Jan Faktor Mitglied des Neuen Forums und später auch Mitarbeiter von Die Andere, der ersten Wochenzeitung der DDR-Bürgerrechtsbewegung. Restrospektiv reflektierte Faktor seit den 1990er Jahren in eigenen Schriften und Interviews mehrfach über den Charakter der unabhängigen Literaturszene in der DDR.
Geburtsort
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Praha, Prague, Czech Republic
2018-03-29 12:13:45